Geschichte der Deutschen Technion-Gesellschaft e.V.

im historischen Kontext

Gründung der Deutschen Technion-Gesellschaft (1982-heute)

Die heutige Deutsche Technion-Gesellschaft erlebte erst im Jahre 1982 durch den damaligen niedersächsischen Wissenschaftsminister Prof. Dr.-Ing. Eduard Pestel ihre Gründung. Prof. Pestel, ursprünglich Professor für Mechanik an der damaligen TU Hannover, später niedersächsischer Wissenschaftsminister, besuchte das Technion im Jahr 1981 und war von der Idee der langfristigen Kooperation so begeistert, dass er seinen für die Hochschulen zuständigen Ministerialdirigenten Dr. Christian Hodler bat, eine entsprechende Gesellschaft zu gründen. Dr. Hodler hatte bereits 1977 ein Programm für wissenschaftliche Kooperationen zwischen Niedersachsen und Israel entwickelt. Dies erlaubte es niedersächsischen Hochschulen mithilfe von beim Kultusministerium (MWK) verwalteten Mitteln des „Niedersächsischen Vorab“ der Volkswagenstiftung Projekte mit der Hebräischen Universität in Jerusalem durchzuführen. Das Programm wurde auf das Technion erweitert und die frisch gegründete Gesellschaft mit der Administration für die israelische Seite betraut. Der Gründungsversammlung der Deutschen Technion-Gesellschaft e.V. am 30. März 1982 gehörten Ministerpräsidenten, Hochschulleiter, Vertreter aus der Wirtschaft und Politiker an.

In ihrer Satzung beschreibt die Deutsche Technion-Gesellschaft e.V. (DTG) ihrer Aufgaben mit der Unterstützung des Technion, der Förderung von Lehre und Forschung. Hierzu gehören die wissenschaftliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie die direkte und indirekte finanzielle Unterstützung. Studentenaustauschprogramme, die nicht von staatlicher Seite angeboten oder gefördert werden, jedoch für Lehre und Forschung in beiden Ländern hilfreich sind, wurden von der DTG im Laufe der Jahre entwickelt, durchgeführt und immer wieder evaluiert.

Bereits kurz nach ihrer Wiedergründung rief die DTG das Umbrella-Symposium ins Leben. Es verbindet seit 1983 drei exzellente Wissenschaftsinstitutionen: die RWTH Aachen, das Forschungszentrum Jülich und das Technion in Haifa. Der damalige NRW-Ministerpräsident Rau war einer der engagiertesten Förderer dieser Kooperation. Jährlich werden Symposien zu wechselnden Themen an einem der drei Hochschulstandorte durchgeführt, seit 2004 werden wissenschaftliche Kooperationsanträge mit einem Startbudget gefördert. Das 25. Umbrella-Symposium diente 2011 in Aachen als Hauptveranstaltung des ersten „Deutsch-Israelischen Forums zur Forschungskooperation“ (DIFF). Seit 2018 wird der Umbrella-Award verliehen, der je einen Nachwuchswissenschaftler der drei Institutionen auszeichnet. Die Deutsche Technion-Gesellschaft fördert den Technion-Kandidaten.

Ein Umbrella-Symposium (Jülich)

1987 richtet die DTG einen Studenten-Fonds ein, der deutschen Studenten am Technion und Technion-Studenten in Deutschland finanziell hilft, ein Gaststudium von ein oder zwei Semestern aufzunehmen.

Mit der Einrichtung des „Wissenschaftspreis der Deutschen Technion-Gesellschaft“ im Jahr 2002 zeichnet die DTG Wissenschaftler aus Deutschland und Israel aus, die nicht nur herausragende wissenschaftliche Leistungen vorweisen, sondern auf intensive Kooperationen mit Kollegen des jeweils anderen Landes zurückblicken. Die alle zwei Jahre vergebenen Wissenschaftspreise wird bis 2013 von Reinhard Frank und der Eduard Rhein-Stiftung gefördert, seither obliegt der DTG die Ausrichtung selbst.

Mit der Eröffnung der Geschäftsstelle in Berlin im April 2003 wird das Technion in der Bundesrepublik noch sichtbarer und eine Reihe von Förderprogrammen, Ausstellungen und Vortragsreihen werden aufgebaut: So beginnen 2006 die ersten Studenten des Life Science-Austauschs ihre Forschungspraktika in Haifa und Hannover. Master- und PhD-Studenten der Leibniz Universität und der Medizinischen Hochschule Hannover aus dem Bereich der Biowissenschaften forschen für 4-6 Wochen in Laboren des Technion, gleichzeitig machen Studenten aus Haifa in Deutschland ihre Erfahrungen für die wissenschaftlichen Karriere. Dieses Programm wird über die Jahre mithilfe der Reinhard Frank-Stiftung, privater Spender und durch Industrieförderung mehrere hundert Jungwissenschaftler unterstützen. 2021 übernimmt das Land Niedersachsen das Programm für alle niedersächsischen, alle israelischen, sowie die Universitäten im Westjordanland unter dem Namen ILSSE. Diese Förderung ist fachbereichsunabhängig und zunächst für 4-6-wöchige Forschungspraktika beschränkt. Das LSN-Programm der Deutschen Technion-Gesellschaft besteht weiterhin.

Seit 2009 bietet die DTG eigene Delegationsreisen zu verschiedenen Themen der Wissenschaft und Technologie an, wie auch zur israelischen Startup-Szene und der Hightech-Industrie. Die Reisen werden von der DTG geplant und begleitet, sie umfassen alle relevanten Fachbereiche des Technion, Firmen von Technion-Alumni und von Technion-Absolventen geleitete Abteilungen der israelischen Hightech-Industrie. Individuelle Beratung für Delegationsreisen erteilt die DTG seit ihrer Gründung an die Wissenschaft, Politik und Wirtschaft.

Eine Delegation von deutschen Maschinenbauingenieuren besucht Stef Wertheimer

Um die wissenschaftliche Zusammenarbeit von Nachwuchswissenschaftlern aus Niedersachsen und Israel zu intensivieren finden seit 2013 in jedem zweiten Frühjahr die „Niedersächsisch-israelische wissenschaftliche Konferenz“ in Hannover statt. Hier stellen Vertreter beider Länder ihre durch das niedersächsische MWK geförderten aktuellen Kooperationsprojekte vor. Die Ergebnisse der Arbeiten werden fachlich breit diskutiert und junge Wissenschaftler erhalten die Möglichkeit ihre Arbeiten bei Poster-Ausstellungen zu präsentieren und Kooperationspartner zu gewinnen. Das Programm wird vom Land Niedersachsen, dem Freundeskreis der LUH und verschiedenen Industrievertretern gefördert.

Darüber hinaus bietet die DTG Konferenz-Stipendien und Kick-off-Kooperationsstipendien an. Für die Nachwuchswissenschaftler wird die Sektion „YoungDTG“ eingerichtet, damit sich ehemalige und aktuelle Stipendiaten untereinander auf einer eigenen Plattform austauschen können.

Um die wissenschaftliche Kooperation in hochaktuellen Themen zu intensivieren, fördert die DTG mithilfe der Reinhard Frank-Stiftung 2014-2016 jährlich ein „Green Photonics Symposium“. Ziel der wechselweise in Haifa und Berlin durchgeführten Symposien ist Zusammenführung von Jungwissenschaftlern und deren gemeinsame Bearbeitung hochaktueller strategischer Themen. Ab 2017 ändert sich die Ausrichtung hin zur Quantenphysik. Die Symposien finden in Würzburg, Haifa und München statt.

Eine enge Zusammenarbeit des Hasso Plattner Instituts (HPI) mit dem Technion in den Fachgebieten Computerwissenschaften und Elektrotechnik besteht seit 2009. Zehn Jahre später übernimmt die DTG ein Teil von deren administrativer Betreuung, das HPI unter der Leitung von Prof. Dr. Meinel fördert dabei jährlich bis zu 15 Doktoranden aus Haifa in der gemeinsam ins Leben gerufenen „Research School“ HPRC-Technion.

Das Technion hat in den vergangenen Dekaden seine Forschung im eigenen Land ausgebaut und intensiviert, Dependancen in den USA und in China eröffnet und ist 2004 und 2011 mit drei Nobelpreisen für Technion-Professoren belohnt worden. Bei anderen Nobelpreisträgern war die Hochschule an deren Ausbildung oder Forschungskooperationen beteiligt. Die Universität geht unter der 10-jährigen Leitung von Präsident Prof. Peretz Lavie zahlreiche internationale Verbindungen ein, sowohl mit wissenschaftlichen Forschungsinstituten, wie auch in der Industrieforschung.

Seit 2019 befindet sich das Technion unter Leitung von Präsident Prof. Uri Sivan in der Transformation von einer klassischen Universität zu einer alle Bereiche umfassenden interdisziplinären Forschungseinrichtung. Nach der erfolgreichen Verbindung der Ingenieurwissenschaften mit den Naturwissenschaften und der Medizin in den 1970er und 1980er Jahren und deren bis heute nachwirkenden medizintechnischen Erfindungen stehen nur die Verbindungen fast aller Fachgebiete mit den Computerwissenschaften im Fokus. Hierbei sind die Cyber Security und die Künstliche Intelligenz die beiden wichtigsten Bereiche. Themen wie das „gesunde Altern“ und die Anpassung des Fachbereichs Lebensmitteltechnologie auf die 17 Ziele für Nachhaltigkeit der Vereinten Nationen legen neue Ziele fest.

Mit dem Wunsch das eigene Land aufzubauen, aber auch weltweit nutzbare und hilfreiche Forschung zu entwickeln, wurde das Technion 1924 eröffnet. Auch nach 100 Jahren hat sich daran nichts geändert, die Zusammensetzung der Studenten in Haifa ist noch internationaler geworden und die Anpassung auf immer neue wichtige Themen verspricht eine spannende Zukunft.